Schaut nicht nach oben!

Don't Look Up

Um es gleich zu Beginn zu sagen, „Don’t Look Up!“ hat mir gut gefallen. Eine unterhaltsame und geradlinige Geschichte, die liebevoll gemacht ist (mein höchstes Film Lob). Der Plot ist überschaubar – ein Asteroid mit Kurs auf die Erde wird entdeckt, es verbleiben etwa sechs Monate bis zum Weltuntergang. Wird es möglich sein, das zu verhindern? Kann die Menschheit gerettet werden?

Wir verfolgen die Bemühungen von Dr. Randall Mindy und seiner Doktorandin Kate Dibiasky, die Welt zu warnen. Zum Glück gibt es eine zuständige Behörde – die „Planetary Defense“ Abteilung der NASA. Der Abteilungsleiter erkennt auch sofort die Gefahr, die von dem „Planeten-Killer“ ausgeht. Gemeinsam werden sie ins Weiße Haus vorgelassen und dort beginnt nun eine Reise, die haarscharf zwischen grotesker Realität, Science-Fiction und absurder Tragödie verläuft.

Die trumpeske Präsidentin hat viel damit zu tun, Wahlen zu gewinnen, ihr Image aufzupolieren und einen Skandal wegzubügeln. Sie ist offenbar nicht in der Lage, die Bedrohung richtig einzuschätzen. Also wird die „Freie Presse“ aktiviert, um die Bevölkerung zu alarmieren. Allerdings wird die Sendung nicht genug Clicks generieren, sodass die Story nicht weiterverfolgt wird.

Dann endlich reagiert die Präsidentin doch noch und das Projekt „Rettung der Welt“ wird gestartet. Man ahnt bereits, dass es wohl eher nicht zum Happy End kommen wird, aber mehr möchte ich hier nicht verraten.

Apokalyptische Erzählungen sind sozusagen ein Dauerbrenner der Weltliteratur. Sie haben die Qualität, dem Publikum einen wohligen Schauer über den Rücken zu jagen, während es am warmen Lagerfeuer zuhört. Wenn die Geschichte zu Ende erzählt ist, kann man sich erleichtert umarmen und daran erfreuen, dass es noch nicht soweit gekommen ist.

In den letzten Jahren wird der Begriff der Apokalypse auch gerne in der Klimadiskussion verwendet. Dort stößt er dann auf heftigen Widerspruch von Klimawissenschaftler*innen und Politiker*innen – ja, es mag schlimm werden, aber eine Apokalypse drohe der Menschheit nicht – heißt es dann. So schlimm werde es schon nicht werden, denn schließlich werde ja bereits etwas getan und klar, wir können das noch schaffen. Außerdem wirke die Befürchtung vor der Apokalypse lähmend auf die Bevölkerung, sie werde alle Hoffnung verlieren und ihren Alltag aufgeben – so in etwa lautet der Tenor der Apokalypse Skeptiker.

Es wurde ja schon viel darüber gesagt und geschrieben, dass „Don’t Look Up“ ein Gleichnis auf den Umgang mit der Klimakatastrophe sei und auch die Ähnlichkeiten mit den Corona Diskussionen sind augenfällig. Das ganze Spektrum von Reaktionen auf diese realen Gefahren sind im Film zu sehen – nicht ernst nehmen, verleugnen, verharmlosen, aufschieben, lächerlich machen, für verrückt erklären, ungeeignete Maßnahmen ergreifen, Feinde benennen und bekämpfen …

Und auch die andere Fraktion – die aufgeklärten Menschen, wenn man so will – wird eindrucksvoll in Szene gesetzt – der Schock, der Schrecken, Übelkeit, Angst, Zorn, Unglauben über die Reaktion der Verleugner und auch Resignation und Depression. Wer sich intensiver mit den Bedrohungen durch den Klimawandel auseinandergesetzt hat, wird das kennen.

Sehr schön sind auch die quasi-realen Machtverhältnisse inszeniert – ein Staatsoberhaupt ohne Orientierung, Medienmacher auf der Jagd nach Sensationen, Tech-Fantasten mit überdrehten Ideen und viel Geld. Alle kreisen in ihren Ego-Tunneln um ihre Größenfantasien, die sie für die Realität halten. Aber unseligerweise besitzen sie tatsächlich die Macht, über Dinge zu entscheiden, die für sehr viele andere Menschen eine neue Realität zu werden droht. Ich kann mich schwer entscheiden, ob ich die Filmgeschichte oder die politische Realität für absurder halte.

Aber zurück zur Apokalypse, zur Aufdeckung und Enthüllung dessen, wohin die Geschichte der Menschheit unterwegs ist. Der derzeitige Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre hat bei letzter Gelegenheit (vor ca. 15 – 17 Mio Jahren*) zu Durchschnittstemperaturen geführt, die mindestens drei Grad (evtl. fünf Grad) höher waren als heute. Für mich entspricht das der Entdeckung eines Asteroiden, der allerdings nur in Schneckentempo vorankommt. Alles Prima! Könnte man sagen, da haben wir ja noch eine Menge Zeit, um Lösungen zu finden.

Aber tatsächlich wird vorwiegend Symbolpolitik betrieben. Da wird das Klimaziel von Paris gefeiert und nicht eingehalten, da werden neue Technologien hochgejazzt, die mit dem Problem nur am Rande zu tun haben, da wird an die internationale Solidarität appelliert und nebenbei aufgerüstet und natürlich wird die engagierte Jugend gelobt und weiter vertröstet – es wirkt mindestens so grotesk, wie im Film.

Es scheint inzwischen fast unmöglich, den Ausstoß von Kohlendioxid schnell genug zu vermindern, so dass flugs ein Budget erfunden wurde, mit dem man es noch ein paar Jahrzehnte länger emittieren kann. Ein Teil des Problems ist, dass CO2 recht lange in der Atmosphäre verbleibt**. Ein anderer Grund für die Dringlichkeit ist der Umstand, dass „Big-Oil“ sehr erfolgreich die Ankunft des Klima-Asteroiden verschleiert hat – so erfolgreich, dass dreißig bis fünfzig Jahre lang so gut wie nichts gegen die Gefahr unternommen wurde – das kann ein Film kaum toppen!

Im Fall der Klimakatastrophe wird es nicht „Knall“, „Rumms“ und „Peng“ machen, wie beim Asteroiden. Die Veränderungen verschieben allmählich die Klimazonen, Extremwetterlagen werden häufiger, Ernten gehen Zugrunde, langsam steigt der Meeresspiegel und die Permafrostböden tauen jeden Sommer etwas mehr auf … – und dann, irgendwann (vielleicht schon jetzt) ist ein Kipppunkt erreicht, von dem aus es kein Zurück mehr geben wird. Dann werden wir wohl Szenen wie im Film erleben. Die Mächtigen und Reichen müssen mal dringend aufs Klo und verpissen sich in ihre bereits heute fertiggestellten Fluchtoasen.

Wie tief der „Impact“ der Klimakatastrophe werden wird, lässt sich Stand heute nicht vorhersagen. Dass er womöglich keinen Stein auf dem anderen lassen wird, erscheint, wenn auch nicht wahrscheinlich, so doch als durchaus möglich. Wollen wir das wirklich riskieren? Vielleicht sollten wir auch aufhören, uns vorzumachen, dass wir „es schaffen könnten“. Vielleicht sollten wir lieber damit beginnen, uns Gedanken über die notwendigen Metamorphosen zu machen, die eine zukünftige Menschheit ermöglichen könnten.

Klimakrisenzeit

In Print- und anderen Medien kursiert seit Kurzem eine neue Redensart, die lautet: „Wir befinden uns mitten in der Klimakrise.“ Nachdem in vielen Medien jahrelang darüber nachgedacht wurde, ob es überhaupt ein Problem mit dem Klima gäbe, scheinen wir nun unvermittelt mitten drin gelandet zu sein.

Die Klimawissenschaften weisen schon seit Längerem darauf hin, dass das Klima sich verändert und dass die Ursache dafür vor allem in der Verbrennung von fossilen Brennstoffen zu finden ist.

Die Situation und die Dynamik des Klimas werden in langen Messreihen ermittelt. Der minimale Zeitraum dafür umfasst dreißig Jahre. Insbesondere für die Zeiträume ab den Siebzigerjahren zeigen diese Messreihen eine Zunahme des CO2 Gehalts der Atmosphäre und steigende Durchschnittstemperaturen. Der physikalische Zusammenhang zwischen höherem CO2 Gehalt und steigender Temperatur ist seit über einhundert Jahren bekannt.

Haben wir also den Beginn der sog. Klimakrise verpasst? Wenn wir diesen Beginn auf die Siebzigerjahre legen würden, dann hätten wir etwa fünfzig Jahre damit verbracht, darüber zu diskutieren, ob so ein Wandel überhaupt stattfindet und falls ja, woran das liegen mag. Und jetzt sind wir hopplahopp mittendrin in der Krise, die jetzt eigentlich passender als Katastrophe zu bezeichnen wäre.

Krise oder Katastrophe?

Denn im Begriff der „Krise“ steckt noch die Bedeutung der Unterscheidung, der möglichen Abwägung nach den besten Entscheidungen. Dagegen beschreibt der Begriff „Katastrophe“, dass etwas hereinbricht. Und was seit einigen Jahren regelmäßiger, häufiger und heftiger hereinbricht sind Brände, Fluten, Stürme, Dürren, extreme Kälte- und Hitzeereignisse und ein Ende dieses Trends ist im Moment nicht absehbar.

Nun könnte man sich überlegen, wie der Zeithorizont von Klimaprozessen zu bemessen wäre. Da gibt es z. B. die bekannte Tatsache, dass CO2 ca. eintausend Jahre in der Atmosphäre erhalten bleibt. Dazu passt die schon häufig gemachte Feststellung, dass, selbst wenn wir sofort damit aufhören würden, CO2 in die Luft zu blasen, die Erwärmung bis auf Weiteres weiterginge.

Allerdings wird nicht damit aufgehört, die Atmosphäre weiter mit Kohlendioxid anzureichern. Das liegt an einem sog. „Budget“, das, wenn es eingehalten wird, sicherstellen soll, dass die Temperatur nicht über 2° C ansteigen wird. Wie alle Szenarien der Klimamodellierung beruht diese Berechnung auf einigen Schätzwerten und Unsicherheiten. Etliche der so gewonnenen Zukunftsprognosen wurden bereits weit vor der ihnen vorhergesagten Zeit wahr.

Wie lange dauert eine Klimakrise?

Aber einmal angenommen, die nächste Weltklimakonferenz würde zu einem beschleunigten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen führen. Dann würde sich der Erwärmungsprozess noch etwa fünf bis sechshundert Jahre fortsetzen. Danach bräuchte es wohl einen ähnlich langen Zeitraum für die Abkühlung. So betrachtet würde die Klimakrisenära etwa tausend Jahre dauern und mittendrin wären wir etwa im Jahr 2500.

Da aber global verbindliche klimawirksame Maßnahmen eher noch in fernerer Zukunft liegen, wird die Krisen- bzw. Katastrophenzeit wohl eher etwas länger dauern. In einem gewissen Sinn stimmt also die Formulierung „mitten in der Klimakrise“, denn es wird immer noch um Wege gestritten, wie mit den Klimatatsachen umzugehen wäre. Aber tatsächlich denke ich, dass wir am Beginn der Klimakatastrophe angekommen sind.

Klima ist nicht alles, aber ohne Klima ist alles nichts

Meine Einschätzung der Klima Situation habe ich bereits in meinen letzten Beiträgen erläutert – ich sehe schwarz für die sogenannte Klimarettung!

Nun hat das Wuppertal Institut eine eindrucksvolle Studie erstellt in der die Maßnahmen aufgezählt werden, durch die Deutschland bis 2035 klimaneutral werden könnte.

So lobenswert und engagiert ich diese Studie auch finde, hat sie mich in meinem Pessimismus eher bestärkt. Ich kann mir keine Parteien- oder Regierungskonstellation vorstellen, die diese Maßnahmen hierzulande umsetzen könnte, selbst wenn sie das wollte.

Ich denke, das entspringt demselben Dilemma, wie die Einsicht darüber, dass der Klimawandel ein physikalisches Faktum ist, der Umgang mit ihm aber in der sozialen Realität stattfindet – eine Mischung, die ja auch in der aktuellen Corona Debatte für reichlich Verwirrung sorgt.

Der Bereich der physikalischen Gegebenheiten ist der Erforschung zugänglich. Sie kann dort Messungen vornehmen, Theorien formulieren und prüfen, Gesetzmäßigkeiten entdecken u.v.m. Im Bereich der Physik gilt weitestgehend das Gesetz der Kausalität – bestimmbare Ursachen erzielen zuverlässige Wirkungen. Dabei bleiben die physikalischen Wissensbestände immer vorläufig und nur gültig bis zum Nachweis ihrer Unrichtigkeit.

Ganz anders ist das im Bereich der sozialen, bzw. der politischen Gegebenheiten. Auch sie sind vorfindlich – bestanden also schon vor der Geburt jedes zeitgenössischen Menschen, und erscheinen dadurch als ebenso real wie die Schwerkraft oder ein Dieselmotor, haben jedoch eine ganz andere Entstehungsgeschichte.

Soziale Gegebenheiten können als soziale „Konstruktionen“ verstanden werden. Ein Satz von Grundannahmen, Vereinbarungen und Regeln, die sich aus den Notwendigkeiten der Lebensführung ergeben haben. Mit der Zeit werden sie zum selbstverständlichen Hintergrund einer Kultur (so ist das hier), entwickeln dadurch eine Art Eigenleben, und sorgen wie von selbst dafür, dass sie sich erhalten und weiterentwickeln. So gewinnen sie den Anschein, auf dieselbe Art real zu sein, wie der Stuhl auf dem ich sitze. Genau deshalb gelten in der sozialen Wirklichkeit keine Ursachen, sondern hier zählen Gründe.

Eine Zwiebel zu schneiden ist eine Ursache für Tränen. Einen Verlust zu erleiden ein Grund für Tränen. Nicht jeder Verlust wird betrauert und beweint, manchmal kann sich sogar Erleichterung breit machen. Ganz anders die ätherischen Öle einer Zwiebel, die recht zuverlässig die menschliche Nase und Bindehaut reizen.

Nun gibt es Menschen, die folgen einem naiven Materialismus. Sie denken, dass der soziale Bereich genauso stumpf und blind funktioniert wie Magnetismus. Sie argumentieren mit angeblich zwingenden Ursachen für notwendige soziale Veränderungen.

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die einem naiven Konstruktivismus folgen. Sie denken, dass Magnetismus genauso sozial konstruiert sei, wie das Finanzamt oder Geld. Sie argumentieren mit kontingenten (es könnte auch anders sein) Gründen über physikalische Fakten.

Es liegt auf der Hand, dass hier kaum eine Verständigung gelingen kann. Und es ist ja auch verzwickt – ein hundert Euro Schein ist doch ein physikalischer Gegenstand! Ja, aber sein Wert hat mit dem Stück Papier rein gar nichts zu tun. Soziale Konstruktionen (Objektivationen) können also mit physikalischen Mitteln repräsentiert werden, werden aber dadurch nicht zu physikalischen Objekten.

Und es ist sogar noch verzwickter. Die Physik eines Apfels, der vom Baum fällt, einer Kompassnadel, die nach Norden zeigt, einer Energiesparlampe, die man einschalten kann, bieten überschaubare Szenarien. Das Klimasystem der Erde ist allerdings eine ganz andere Nummer. Hier gibt es unterschiedliche Einflüsse, die sich gegenseitig hemmen oder verstärken und gehemmt/verstärkt auf den nächsten Einfluss zurückwirken usw. Man spricht von einem komplexen System.

In einem solchen System gibt es immer noch Kausalität, aber nun kommt es zu Sprüngen, Rückkoppelungen und Streuungen in den Auswirkungen. Die Einflussfaktoren sind so zahlreich, dass noch nicht einmal sicher ist, ob schon alle gefunden worden sind. Und damit wird das, was wir an der Kausalität so schätzen, nämlich ihre Vorhersagekraft, deutlich schwächer. Damit wird die Physik von komplexen Systemen den sozialen Systemen ähnlich, bleibt aber immer noch Physik.

Ein Einflussfaktor auf das Klima sind die Lebewesen des Planeten. Tatsächlich hätte die Erde ohne Lebewesen nicht das Klima, das sie hat, es gäbe z.B. keinen Sauerstoff in der Atmosphäre. Gleichzeitig wirkt auch das Klima auf die Lebewesen zurück. Die wechselseitige Einflussnahme ist physikalischer Natur, also zwingend. Wenn sich die Klimazonen verschieben (was sie ja bereits tun) ziehen kälteliebende Arten weiter nach Norden und wärmeliebende finden ebenfalls weiter nördlich neuen Lebensraum. Auf der anderen Seite sorgt z.B. mehr oder weniger Pflanzenwuchs zu Unterschieden in der Speicherung oder Reflektion von Sonnenlicht.

Die Klimaveränderung, die durch menschliche Aktivitäten erzwungen wird, wird also ebenso zwingend auf die Menschheit zurückwirken. Im Gegensatz zu Pflanzen und Tieren haben Menschen allerdings eine Wahl, wie sie mit dieser Veränderung umgehen wollen. Diese Wahl wiederum muss nun politisch ausgehandelt und im Zweifel auch verwirklicht werden.

In dieser Arena treffen dann naive Materialisten auf ebenso naive Konstruktivisten, werden dabei von pragmatischen Opportunisten unterstützt oder gegeneinander ausgespielt und am Ende entsteht ein Kompromiss der so tut, als wären die Maßnahmen den physikalischen Prozessen angemessen. Aber leider lässt sich mit der Physik kein Kompromiss schließen, stumpf und beharrlich führen Ursachen zu Wirkungen, die zu weiteren Ursachen werden usf.

Die klimatischen Bedingungen gehören zum unvermeidlichen Hintergrund der Lebensführung. Ändert sich der Hintergrund, wird sich auch die Lebensführung verändern. Falls genügend Zeit gegeben ist, können soziale Systeme ihre Konstruktionen entsprechend anpassen, ohne dass es zu größeren Konflikten führt. Leider ist die Zeit schon ziemlich knapp geworden und der Veränderungsdruck bereits ziemlich hoch. Veränderungen werden also notwendig stattfinden und die einzige Wahl, die bleibt, ist, ob die Veränderungen aktiv gestaltet oder passiv erlitten werden.

Wenn ich auch keine Hoffnung für die Pariser Klimaziele habe, unterstütze ich dennoch Klimabewegungen – Fridays, Parents, Scientists … For Future, Extinction Rebellion, Fossil Free, Freedom Soil, BUND, Greenpeace … Sie alle weisen auf die Dringlichkeit und Notwendigkeit hin angemessen auf das Klima-Desaster zu reagieren und alles notwendige zu tun um zu retten, was zu retten ist.

 

 

Corona und Klima II

Die Überblendung von Corona Viren und einem ausgetrockneten Boden assoziieren die Themen des Beitrags

Die Corona Diskussion bekommt inzwischen ähnliche Dimensionen wie die über den Klimawandel. Beide behandeln ja auch etwas, das gewissermaßen miteinander verwandt ist. Beide Phänomene entspringen dem, was wir so gerne die Natur nennen, also dem, was immer schon da war, bevor ein Mensch sich darüber wundern konnte, dass da etwas ist – das chaotische, sich selbst regulierende Klimasystem der Erde, das von menschlicher Aktivität verändert wird, und ein Virus – das Ergebnis einer hunderte von Millionen Jahren währenden Evolution, die immer wieder neue Viren hervorgebracht hat. Beides Phänomene, die erst mit modernen Methoden sichtbar gemacht werden können.

Von den Veränderungen des Klimas wissen wir seit über fünfzig Jahren (und reagieren nach wie vor nicht angemessen darauf).

Dass irgendwann eine Pandemie ausbrechen würde, war in wohl jeder weitreichenden Zukunftserwartung enthalten.

Jetzt ist das neue Virus da und hat plötzlich eine potenzielle Fortpflanzungsgelegenheit, deren Anzahl etwa 7,5 Milliarden Menschen beträgt. Das ist eine großartige Gelegenheit für ein Virus – keine Immunität, keine Medikamente, keine Impfung.

Die Art des Virus‘ ist es, sich exponentiell zu vermehren. Exponentielle Vermehrung war diese Sache, die sich kaum ein Mensch vorstellen kann. Aus einem werden zwei, dann vier, dann acht usw. nach relativer kurzer Zeit erreichen die Zahlen schwindelnde Höhen, erreichen sie Größenordnungen, die jegliche Vorstellungskraft überfordern.

Vor demselben Problem steht die Vorstellungskraft, wenn es vor den wahrscheinlichen Auswirkungen der klimatischen Veränderungen steht. „Es kann doch nicht sein, dass aus Italien und Spanien Wüsten werden.“ „Es kann doch  nicht sein, dass Deutschland vor dem dritten Dürresommer in Folge steht.“ „Es kann doch nicht sein, dass so ein blödes Virus das Leben von Millionen von Menschen bedroht.“

Dann liegt es natürlich nahe, z.B. an den Methoden zu zweifeln, die das Phänomen erst auf seinen Grund zurückgeführt haben. Das scheint auch ganz einfach zu sein, denn diese Methoden sind wissenschaftliche Methoden und deren Ergebnisse sind prinzipiell vorläufig und sie bedürfen ebenso prinzipiell der Diskussion. Und natürlich finden sich in diesen Diskussionen auch immer Minderheitsmeinungen (die manchmal und sehr, sehr selten zutreffender sind, als die Meinung des Mainstreams).

Ebenso naheliegend erscheint die Möglichkeit, die Phänomene zu relativieren oder zu verharmlosen. „Das wird schon nicht so schlimm werden.“ „Das gab es doch schon früher.“ „Das ist doch nur eine kleine Grippe.“ etc. pp. Jegliche (unweigerlichen) Abweichungen von den Prognosen können als Begründung dafür herhalten.

Sehr beliebt sind auch Verschwörungstheorien – alles funktioniert nach einem geheimen Plan, der von wem auch immer ausgeheckt wurde. Jedenfalls stecken die Regierung, das internationale Kapital und die Medien unter einer Decke und haben sich inzwischen auch der Mitarbeit von „System“-Wissenschaftlern versichert (wahrscheinlich mit freundlicher Hilfe der Mafia).

Wohlgemerkt: Es ist natürlich sinnvoll und richtig über die Maßnahmen der Regierung zu diskutieren, sie zu kritisieren und zu hinterfragen. Jedenfalls so lange das auf dem Boden von Tatsachen, also von Aussagen über Fakten getragen wird.

Nun kann man schon darüber streiten, ob etwas überhaupt ein Faktum ist (s.o.), und der Streit geht dann richtig los, wenn es darum gehen soll, was diese Tatsachen denn nun bedeuten.

Hier ist niemand vor einem Irrtum gefeit. Die Wahrscheinlichkeit eines Irrtums erhöht sich sogar, wenn es um die Bedeutung eines völlig neuen Faktums geht – eben um die Existenz des neuen „SARS-CoV-19“ Virus.

Eine spannende Frage zum Irrtum hat sich mir schon zur Klimakatastrophe aufgedrängt. Also einmal angenommen, Greta Thunberg, viele Klimawissenschaftler*innen und Menschen, wie ich einer bin, irren sich. Was wäre die Konsequenz? Wir würden etliche Maßnahmen, wie Verbrennungsmotoren, die bessere Isolierung von Wohnungen, Geschwindigkeitsbeschränkungen u.v.m. für teures Geld an- oder abschaffen. Wie gesagt, das würde wohl ziemlich teuer werden. Aber immerhin, die Luft wäre sauberer, der Verbrauch von Kohle und Öl würde zurückgehen, es gäbe weniger Straßenlärm usw. usf.

Was aber, wenn sich die Klimaleugner irren? Dann würden wir mit Karacho in eine Zukunft rasen, die wohl mit chaotisch am treffendsten umschrieben wäre.

Und am Beispiel von Corona – also was wäre, wenn z.B. der Shutdown und das Social-Distancing unnötig wären? Wir hätten dann unnötig eine Menge Geld verloren, und keine Frage, diese Situation ist für sehr viele Menschen sehr bedrohlich bis fatal.

Diese Maßnahmen lassen sich also nur im Verhältnis dazu verstehen, was geschehen würde, wenn alles überwiegend so weiter ginge wie zuvor. Und darin sind sich die große Mehrheit der Virolog*innen und Epidemiolog*innen einig. Das Virus würde sich ziemlich schnell und umfassend ausbreiten. In der Konsequenz würde jedes Gesundheitssystem überlastest werden und es würden sehr, sehr viele Menschen sterben – an und mit Corona. Ach ja, und das würde natürlich auch eine Menge Geld verschlingen.

Corona und Klima

der verlorene Handschuh ist ein Symbol für die kalte Hand des Autors

Vergangenen Herbst hatte ich meinen „Holy Shit Moment“. Die erschütternde Einsicht, dass es für die sog. Rettung des Klimas zu spät ist. Ich fühlte mich zutiefst niedergeschlagen, traurig, zornig, ratlos, ohnmächtig – fast gelähmt. Dieser Zustand hielt etwa drei Monate an. Nach und nach habe ich meinen Frieden damit gefunden.

Noch ist es nicht soweit und auch wenn es ganz schlimm kommt, gibt es immer noch etwas Sinnvolles zu tun. Bis dahin lohnt sich der Kampf um jedes zehntel Grad und um die Einsicht möglichst vieler Mitmenschen.

Vor diesem Hintergrund erlebe ich jetzt die Corona Pandemie, und ich muss sagen, ich erlebe sie sehr gelassen. Natürlich habe ich Mitgefühl mit den Betroffenen – mit Kranken, Helfern und den Hinterbliebenen. Ich befürchte, dass sich die Situation noch erheblich verschlechtern wird – in Freiburg, ganz Deutschland und überall auf der Welt. Corona wurde jüngst als eine Naturkatastrophe in Zeitlupe bezeichnet.

Genau das wurde auch schon über den Klimawandel gesagt. Jetzt muss dessen Verlauf wohl als eine Ultra-Zeitlupe bezeichnet werden. Vielerorts noch kaum merklich, aber mit großer Beharrlichkeit.

Ich bin auf den Sommer gespannt. Was wird geschehen, wenn zu Corona und Quarantäne noch die Hitze und die Trockenheit kommen, die der Gesundheit ja auch nicht besonders zuträglich sind?

Anders herum könnte ich auch das Erscheinen von Corona als eine Art Zeitraffer des Klimawandels sehen. Es geschieht so ungefähr das, was mit dem Einsetzen der Klimakatastrophe ebenfalls geschehen wird. Natürlich in einem lächerlich kleinen Maßstab. Schon von den absoluten Zahlen her.

Corona mag vielleicht zwanzig oder dreißig Millionen Menschen töten (wie die Spanische Grippe).

Der „Second Worst Case“ der Klimakatastrophe kann sechs Milliarden Menschen die Möglichkeit nehmen, überhaupt zu leben.

Die rechnende Vernunft sagt:

Corona – nicht einmal 1 Prozent der Weltbevölkerung.

Klimakatastrophe – etwa 88 Prozent.

Wir erleben gerade lange Schlangen vor den Supermärkten, Hamsterkäufe und Rangeleien um die Befolgung von Vorsichtsmaßnahmen. Wir erleben eine rasante Einschränkung von Bürgerrechten. Wir erleben die teilweise Überforderung staatlicher Möglichkeiten und Mittel. Wir erleben Überlastungen der öffentlichen Infrastruktur. Wir erleben einen Zusammenbruch der Wirtschaft. Wir erleben, wie sich viele Staaten abkapseln, anstatt gemeinsam der Gefahr zu begegnen.

Was wird geschehen, wenn Lebensmittel und Wasser wirklich knapp werden, wenn Millionen Klimageschädigte nach Norden drängen, wenn Millionen Küstenbewohner ihre Städte räumen müssen?

Corona Lektionen

Und was lernen wir nicht alles mit Corona?! Dass individuelle Handlungen Folgen für andere nach sich ziehen – Folgen, die zu verantworten sind. Das gilt natürlich zu allen Zeiten, in allen menschlichen Gemeinschaften, aber jetzt, macht Corona das richtig deutlich.

Wir lernen, dass Ordnungspolitik große Veränderungen in kurzer Zeit bewerkstelligen kann.

Wir lernen, dass die Wirtschaft nicht ohne staatliche Unterstützung funktioniert.

Wir lernen Statistik! Die Wahrscheinlichkeit einer Pandemie war relativ niedrig, aber dass sie irgendwann auftritt wiederum recht gewiss. Jede Möglichkeit, und sei sie noch so unwahrscheinlich, kann Wirklichkeit werden (Vielleicht schaffen wir das 2° Ziel – das ist derzeit wahrscheinlicher als das 1,5° Ziel zu erreichen und wahrscheinlicher als eine 4°- 6° Erwärmung, die aber immer noch möglich ist, und sogar wahrscheinlicher wird, je näher wir den 2° kommen).

Und wir lernen die Exponentialfunktion! Das war die Sache mit dem Schachbrett. Da legt man ein Korn Reis auf das erste Feld; zwei auf das zweite, vier auf das dritte, acht auf das vierte usw. Es gibt aber nicht so viele Reiskörner auf der Erde, um das 64te Feld zu füllen. Derzeitiger Stand bei Corona in Deutschland: Etwa 14tes Feld – ein neues Feld etwa alle drei bis vier Tage. Derzeitiger Stand der Klimaveränderungen: Hohe Gefahr einer exponentiellen Zunahme von z.B. Methan mit verheerenden Folgen.

Sicher zeigt Corona uns, was im Zweifelsfall wirklich wichtig und hilfreich ist – Solidarität, aufeinander achten, füreinander sorgen, aufeinander Rücksicht nehmen, vernünftig bleiben u.v.m.

Im günstigsten Fall werden Lehren aus der Corona Erfahrung gezogen. Z.B. dass Vorsorge ein wichtigeres Prinzip ist, als Profitstreben. Dass staatliche Ordnungsstrukturen wesentlich für ein bekömmliches Miteinander sind. Dass Selbstverantwortung mindestens so wichtig ist wie Selbstverwirklichung und Solidarität. Dass es nicht nur in Krisenzeiten auf jeden und jede Einzelne ankommt, wenn es um die Zukunft geht.

Die fatale Macht von Schätzen

Das Bild des Bergmassivs erinnert an Mittelerde

Frodo: “Ich wünschte, all das wäre nie passiert.“

Gandalf: “Das tun alle, die solche Zeiten erleben. Aber es liegt nicht in ihrer Macht, das zu entscheiden. Du musst nur entscheiden, was du mit der Zeit anfangen willst, die dir gegeben ist.“

Dieser Dialog stammt aus dem „Herrn der Ringe“ – ich finde, er passt auch gut in unsere Zeit und das nicht mehr nur in Mittelerde.

Der Klimawandel mag sich als genauso schlimm erweisen, wie die rücksichtslosen Ränke des ruchlosen Sauron. Der Geist von Mordor ist bereits überall und nirgends, vor der eigenen Haustür und in fernen Weltgegenden – ebenso gestaltlos, wie der finstere Herrscher auf seinem dunklen Thron.

Wer kommt sich heute nicht wie Frodo der tapfere Hobbit vor? Wer fühlt sich nicht winzig klein vor den gewaltigen Bedrohungen, die bereits mancherorts hereinbrechen? Das Auenland aller Menschen ist von gefühl- und erbarmungslosen Mächten bedroht – Fluten, Dürren, Stürme, Brände und danach Krieg, Hunger, Flucht und Tod.

Aber im Unterschied zum Roman gibt es nicht die eine Tat, die uns alle retten könnte. So wie kein einzelner Mensch daran schuld ist, dass diese Mächte entfesselt wurden, so kann kein einzelner Mensch diese Mächte aufhalten. Menschen können sich nur zusammentun und versuchen, gemeinsam und planvoll zu handeln um zu retten, was zu retten ist – quasi ein Bündnis der Völker, wie das von Menschen, Zwergen, Elben und Ents.

Aber wie im Roman scheint es auch im wirklichen Leben Orks und Warge zu geben. Die Nazgul kreisen kreischend über unseren Köpfen und der Balrog versengt die Wälder. Nicht zu vergessen, die schillernden Zauberer vom Schlage eines Saruman, die uns weismachen wollen, dass grün, rot sei, und eben alles gar nicht so schlimm, und auch nicht die Gollums, die unsichtbar herumschleichen und ihren Opfern in die Waden beißen.

Und ebenso wie im Roman gibt es immer noch arglose Mitmenschen, die noch gar nichts von der Gefahr gehört haben; diejenigen, die von ihr gehört  haben, aber auf Rettung spekulieren; diejenigen, die kopflos versuchen, sich mit ungeeigneten Mitteln zu retten; und natürlich diejenigen, die schon aufgegeben haben, bevor es richtig angefangen hat.

Nun gibt es wie gesagt nicht diesen einen Ring, diesen SCHATZ, diese wertvolle Preziose aus reinem Gold, das mit überwältigender und tödlicher Macht ausgestattet ist, dessen Zerstörung alle retten könnte.

Aber vielleicht lässt sich der Schatz metaphorisch verstehen. Dann stünde er für alles, woran sich Menschen klammern, was sie nicht hergeben und nicht loslassen möchten. Sie glauben vielleicht auch, dass ihr Schatz ihnen eine besondere Macht verleiht, dass sie sich dank ihm von anderen Menschen abheben. Oder auch, dass der Schatz ein Talisman ist, der sie vor den zahllosen Gefahren, die in der Welt lauern, schützt.

Wenn ich die „Schätze“ der zeitgenössischen, (v.a. nördlichen) Zivilisationen betrachte – von Verkehrssystemen, Energieversorgung, Nahrungs- und Genussmitteln, über Rechtsstaat, Gewaltenteilung und Demokratie, bis zu Lebens-, Renten- und Krankenversicherungen – dann kann ich verstehen, dass diese Errungenschaften Sicherheit und ein gutes Leben versprechen. Wer diese Schätze nicht hat, der strebt nach ihnen und wer sie schon hat, möchte sie nicht mehr missen.

Schade nur, dass diese Schätze einen Preis haben. Sie zu erschaffen und zu unterhalten bleibt nicht folgenlos für Gaia. Galadriel drückte es passend aus: „Die Welt ist im Wandel. Ich spüre es im Wasser. Ich spüre es in der Erde. Ich rieche es in der Luft.“ Schätze zu erschaffen scheint auch Unheil mit zu erschaffen.

Auch Frodo konnte den Ring nicht einfach aufgeben – er musste ihm vom Finger gebissen werden. Schätze loswerden kann weh tun. Worauf müssen wir in Zukunft wohl verzichten? Und wie können wir uns davon lösen? Was werden wir stattdessen finden? Und welchen Preis dann dafür bezahlen? Die Zukunft ist notorisch unvorhersagbar.

Aber für diesen Ausblick hat Samweis Gamdschie wohl die besten Worte gefunden:

Sam: „[…] Und manchmal wollte man das Ende gar nicht wissen, denn wie könnte so eine Geschichte gut ausgehen? Wie könnte die Welt wieder so wie vorher werden, wenn so viel Schlimmes passiert ist? […] Aber ich glaube, Herr Frodo, ich versteh‘ jetzt. Ich weiß jetzt: Die Leute in diesen Geschichten hatten stets die Gelegenheit umzukehren, nur taten sie’s nicht. Sie gingen weiter, weil sie an irgendetwas geglaubt haben!“

Frodo: Woran sollen wir glauben Sam?

Sam: Es gibt etwas Gutes in dieser Welt Herr Frodo, und dafür lohnt es sich zu kämpfen!“

Klima – März 2020

Die Gewitterwolken symbolsieren die heraufziehende Katastrophe

Die neue Klimabewegung ist nun mehr als ein Jahr alt. Fridays for Future und viele andere Gruppen haben in kurzer Zeit viel erreicht. Die Bundesregierung verabschiedet ein Klimapäckchen, die EU einen „Green New Deal“, Investmentfirmen mahnen Klimaschutz an – die Brisanz des Themas ist weiten Kreisen der Bevölkerung bewusst geworden.

Leider sieht es so aus, als ob alle bisher ergriffenen Maßnahmen viel zu kurz greifen – sie kommen nach Expertenmeinung zu spät und sind zu zögerlich. Es erscheint unwahrscheinlich, dass so das Pariser Ziel von maximal 1,5° C Erwärmung erreicht werden kann.

Inzwischen scheint eine Art Überdruss um sich zu greifen – „Nicht schon wieder dieses lästige Klimathema!“ Hinzu kommen andere Schlagzeilen – Corona-Pandemie, Flüchtlingskrise, Börsencrash. Alles Themen, die zurecht ebenfalls Aufmerksamkeit auf sich ziehen und nebenbei auch zeigen, wie effektiv entschlossenes staatliches Eingreifen in Katastrophenfällen sein kann.

Auf Seiten der Engagierten macht sich eine gewisse Erschöpfung bemerkbar. Was vielleicht zunächst wie ein Sprint ausgesehen hat, erweist sich nun als Ultra-Marathon. Was zunächst wie ein klar umrissenes Thema aussah erweist sich als verfilztes und verschachteltes Problem – wo soll man da anfangen, und wo hört es auf?

Diese Komplexität führt zu einer gewissen Zerstreuung der Klimabewegungen. Einige beginnen damit, den Kapitalismus zu bekämpfen, andere bekämpfen rechte Parteien, wieder andere ermahnen zu veganer Ernährung und Verzicht auf SUVs, manche setzen sich für Klima Migrant*innen ein, und mehr und mehr kommen einzelne Firmen (Siemens, Heidelberg Zement, RWE) in den Fokus des Protests.

Die ursprünglichen Adressaten des Klimastreiks, die politisch Verantwortlichen, geraten aus dem Blick. Sie ruhen sich auf ihren vermeintlichen „Lorbeeren“ aus und verweisen auf Sachzwänge. Ein jeder versteckt sich hinter dem anderen, verweist auf noch schlimmere Übeltäter, die ja auch nicht schwer zu finden sind.

Die Zeit drängt. Und auch wenn viele Menschen diesen Umstand verdrängen, ist er ebenso vielen bewusst. Aber das führt sie in eine Konfrontation mit zwei Gegnern – gegen die Physik und gegen die Mitmenschen, die sich vor der Einsicht sträuben. Die Physik verhandelt nicht. Ihr ist nur mit entschlossenem Handeln beizukommen. Um aber entschlossen genug zu handeln bräuchte es eine gewisse Einigkeit der Betroffenen, also von vielen, vielen Menschen.

Wie kann also die Klimabewegung weiter und wirkungsvoller vorankommen? Genügt es noch, Veränderungen zu fordern, oder müssen vielleicht eigenen Vorschläge erarbeitet werden? Ist die organisatorische Aufstellung der Klimabewegten noch angemessen, oder braucht es eine Institutionalisierung? Besteht die Möglichkeit, die vielfältigen Engagements zu bündeln um mehr Kraft zu entfalten?

Ich denke, dass solche Fragen wichtig sind, denn wie gesagt – die Zeit drängt.

Dumm gelaufen?

Wir können es nicht mehr schaffen. Nicht das 1,5° Ziel, nicht das 2° Ziel und wahrscheinlich nicht einmal das 4° Ziel.*
Warum wir es nicht schaffen können? Es gibt kein sogenanntes CO² Budget. Es ist bereits so viel CO² in der Atmosphäre, dass die Kipp-Punkte unvermeidlich ausgelöst werden, möglicherweise schon ausgelöst sind – Es heißt, dass die Menschheit ab diesem Moment die Kontrolle über das Klima verlöre.

Haha! Als hätte die Menschheit jemals eine Kontrolle über das Klima gehabt. Alles was die Menschheit bisher mit dem Klima gemacht hat, ist, es mit seinen gasförmigen Abfällen zuzuscheißen. Und da sitzen wir jetzt – in der Scheiße.

Immerhin, die Luft ist sehr viel sauberer geworden – viel weniger Partikel drin als früher. Blöderweise verstärkt das jetzt die Erhitzung, denn die Feststoffe haben wenigstens Sonnenlicht abgehalten.

Und außerdem haben wir das Ozonloch (fast) wieder gestopft, nachdem wir es aus Versehen aufgerissen haben. Ja, das war ein Erfolg! Eine internationale, globale Verzichtsvereinbarung für FCKW. Das müsste man doch noch einmal hinbekommen können. Zumal die Erderhitzung so viel gefährlicher ist, als es das Ozonloch jemals war. Wir müssten ja nur darauf verzichten, weiterhin CO², Methan, Lachgas etc. auszustoßen.

Aber das erweist sich als eine viel größere Herausforderung, als das bisschen Treibgas in Spraydosen. Denn CO² ist der Abfall von fossilen Brennstoffen, dem Rückgrat der globalen Energiewirtschaft. Den Ausstoß sofort zu beenden, würde bedeuten, dass einige der Erdölproduzierenden Staaten von jetzt auf gleich zahlungsunfähig wären. Die Wirtschaft würde zusammenbrechen und die darauf folgenden sozialen Unruhen wären so gewaltig, dass niemand sich das vorstellen mag. Und das allerschlimmste daran wäre, dass es nicht einmal mehr etwas Qualitatives ändern würde – bestenfalls könnte ein 6° Szenario vermieden werden – aber um welchen Preis? – Andererseits wäre der Preis für ein 6° Szenario wohl der Untergang der menschlichen Zivilisation, wenn nicht sogar der Gattung.

Ja, wie gesagt. Schöne Scheiße!

Die Frage ist so betrachtet also nicht: Ob die Katastrophe kommt, sondern wann und wie sie einsetzt und wie es dann weitergehen wird.

Was soll man tun in so einer Situation? Was kann man überhaupt noch tun?

Aufgeben zählt nicht.

*Wasdell, D. (2015), „Climate Dynamics: Facing the Harsh Realities of Now.“
Verfügbar unter: http://www.apollo-gaia.org/Harsh%20Realities.pdf
und: https://www.pnas.org/content/115/33/8252

2020

Sieh nur wie die Wälder brennen!
und die Menschen rennen hinterher
Felder, die kein Grün mehr kennen
und die Bäuche bleiben leer

Sieh nur wie die Gletscher schmelzen!
und die Menschen schauen zu
wie sich Fluten talwärts wälzen
wo die Luft knapp wird, im Nu

Sieh die Menschen, wie sie suchen!
was sie brauchen, um zu sein
wie sie beten, wie sie fluchen
winzig groß und riesig klein.

Sieh die Erde, diesen Planeten
da treibt er durch das weite All
auf das zu, was auch immer werde
aus diesem ganz speziellen Fall

This Way of Life is a Highway to Hell

Skolstrejk för Klimatet – Fridays for Future – Extinction Rebellion

Sind die denn alle verrückt geworden? Was wollen die denn?
Die wollen, dass rechtzeitig genügend Mitmenschen aufwachen, um zu bemerken, dass das Klima sich ändert.
Es ändert sich sogar sehr schnell – so schnell, dass es sein könnte, dass in einigen Jahren der Planet ein ganz anderer sein wird. Die wollen, dass genügend Mitmenschen aufwachen und etwas dafür tun, damit es nicht ganz verheerend wird.

Blöderweise bestünde das konsequenteste Tun, um etwas zu verändern, darin, sich selbst zu verändern.

Ja aber was den ändern? Was ich tue spielt doch eh keine Rolle!?

Ja, aber es wird sich trotzdem etwas ändern und zwar sehr viel mehr als ohnehin schon. Es gibt kein Versteckspiel mehr – da kommt etwas auf uns zu bzw. wir bewegen uns genau auf diese Richtung hin.
Es wären auch andere Richtungen möglich. Richtungen die mehr Chancen auf einen zumindest kleinen Erfolg hätten.
Die Wahl besteht nunmehr nur noch darin, wie ein jeder mit einer gewiss kommenden Veränderung am liebsten umgehen würde?

Wie willst Du und wie wollen Sie, wie wollt Ihr – wie wollen Wir damit umgehen, dass da eine heftige Veränderung auf uns zukommt, bzw. wir uns genau auf diese Richtung hin bewegen?

Um mit der Veränderung umgehen zu können, müssen wir uns selbst ändern – also nicht wirklich wir Selbst. Es geht um das was man jeden Tag so macht, die Routinen, die Lebensumstände, um den Alltag – um: „The Way of Life“ – und in dem laufen wir unvermeidlich mit.
Für „Stop Climate Change“ ist es zu spät. Es ändert sich bereits und wir können es nicht aufhalten.
„Klima Schutz“ ist eine nette Formel, um nicht „Menschheitsschutz“ sagen zu müssen. Dem Klima ist die Menschheit egal.
Ich finde die Formel „Klima Katastrophe verhindern“ am treffendsten. Noch ein paar wenige Schritte weiter auf dem alten Weg könnten in einen Highway to Hell führen.