„Man darf nie aufhören, sich die Welt vorzustellen, wie sie am vernünftigsten wäre.“
Friedrich Dürrenmatt
Das Eingangszitat lässt sich bereits als Antwort auf die Frage der Überschrift verstehen. Sich eine Vorstellung von einer vernünftigen Welt zu machen, wäre damit ein Gebot. Dieses harmoniert mit der Anthropologischen Philosophie von Helmuth Plessner – er vermacht dem Menschen (u.a.) wesensgemäß einen „Utopischen Standpunkt“. Wir befinden uns schon immer in der Zukunft, sind schon immer auf sie bezogen.
Was ist die Welt?
Ich möchte Vernunft als Einvernehmen verstehen. Vernünftige Einsichten und Handlungsentwürfe entstehen aus und in Gesprächen, in denen aus unterschiedlichen Perspektiven verschiedene Möglichkeiten entwickelt, kritisiert, verworfen und verbessert, geplant und evtl. durchgeführt werden. Ein zentrales Thema dieser Gespräche wäre z.B., was wir denn überhaupt unter der „Welt“ verstehen wollen. Was ist sie diese Welt? Was fällt darunter und was nicht? Wo beginnt, wo endet sie? Können wir darüber ein Einvernehmen erzielen?
Folgt man der Philosophie des „Neuen Realismus“, müsste man eingestehen, dass wir die Welt als umfassende Wirklichkeit eben gerade nicht zu fassen bekommen. Stets sehen wir nur Aspekte einer Welt – Sinnzusammenhänge und Arrangements von Aspekten der physikalischen, biologischen, sozialen und psychisch-mentalen Wirklichkeit, die wir in unser Selbstbild integrieren.
Ethik einer Utopie
Aber was auch immer wir uns unter der Welt vorstellen wollen, es wird mit ziemlicher Sicherheit eine Welt sein, in der Menschen zu Hause sind. Wir dürfen also weiterfragen, wie denn eine Menschenwelt vernünftigerweise aussehen könnte, bzw. sollte. Diese Frage berührt den Bereich der Ethik, also die Entscheidung darüber, ob eine Handlung, ein Umstand, ein Plan eher gut, eher schlecht oder eher neutral ist.
Es ist vielleicht ein übergreifendes Prinzip aller Ethik, dass das Mensch-Sein an sich bereits als gut begriffen wird. Es ist gut, dass es Menschen gibt, die sich ein geistiges Bild von sich und der Welt machen und die Welt nach diesem Bild zu verändern suchen. In diesem Sinne wäre es demnach auch gut, sich Gedanken darüber zu machen, wie das Da-Sein von Menschen in der Zukunft bewahrt werden könnte. Dieser Gedanke führt dann direkt zu weiteren, utopischen Gedanken.
Gesucht wird also ein Einvernehmen darüber, wie die Zukunft des menschlichen Miteinanders aussehen sollte, bzw. könnte. Dabei geht es meiner Ansicht nach um alle Menschen auf diesem Planeten. Es bräuchte also vernünftigerweise eine globale Utopie, welche die Möglichkeit von menschlichem Leben begünstigt. Ich denke, es ist ebenso vernünftig anzunehmen, dass diese Utopie kein abgeschlossenes Bild einer Zukunft entwerfen soll, sondern sich darauf beschränkt, die Zukunft möglichst offen zu halten.
Notwendiges
Eine Skizze dieses Ziels könnte damit beginnen, danach zu schauen, was Menschen notwendig brauchen um am Leben zu bleiben. Hier könnte man sich womöglich relativ schnell darauf einigen, dass Menschen Nahrung, Wasser, Luft, Energie, Schutz und Mitmenschen als Grundbedürfnisse kennen. Die Abwesenheit auch nun eines dieser Aspekte würde bereits Not bedeuten, was wiederum eindeutig als schlecht bewertet wird.
Diese Betrachtung führt zu den Fragen, ob und wie es machbar wäre, die globale Wirtschaft so zu organisieren, dass die Grundbedürfnisse aller Menschen gesichert wären. Das wäre gewissermaßen ein Minimalziel einer vernünftigen Utopie. Das Erreichen dieses Ziels würde einen Boden für weitere einvernehmliche Gespräche bieten. Eine Möglichkeit der wirtschaftlichen Organisation habe ich in den beiden Teilen von „Ein Tag in OneWorld“ vorgeschlagen.