Du erwachst in deiner Wohnung. Wenn Du alleine wohnst hast du wahrscheinlich ein Ein-Zimmer-Appartement, aber vielleicht wohnst du ja auch in einer WG oder hast Familie. Du bezahlst für diese Wohnung keine Miete, auch keine Gebühren für Heizung, Strom, Wasser und Abwasser. Mitten in der Nacht, um null Uhr hast du schon die drei täglichen Verrechnungseinheiten (VE) auf dein Konto erhalten.
Nehmen wir einmal an, du wärest ein ziemlich bequemer Mensch, der gerne lange schläft, viel Zeit mit Lesen verbringt oder einfach nur in Gedanken versunken rumtrödelt. Es ist jetzt also etwa elf Uhr und du hast deine Morgentoilette gemacht. Jetzt gehst du erstmal zu deinem Lieblingscafé um zu frühstücken. Das Frühstück wird dich vielleicht eine halbe Verrechnungseinheit kosten und während du deinen Kaffee trinkst, liest du die neuesten Nachrichten in der Zeitung.
Als nächstes schaust du auf deinem Kommunikationsgerät, welche Gemeinschaftsarbeit heute im Angebot ist. Da du keinen richtigen Beruf gelernt hast, kommen nur Hilfsarbeiten für dich in Frage. Das meiste davon sind Reinigungsarbeiten, vielleicht eine Aushilfe in der Gärtnerei oder der technischen Wartung. Du findest einen Job, der dir zusagt. Rasenpflege im Stadtpark. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommst du kostenlos an den heutigen Arbeitsplatz und lässt dich einweisen.
Nach den drei Pflichtstunden stellst du fest, dass noch längst nicht alles Laub aufgesammelt ist und der Obergärtner fragt dich, ob du noch ein wenig weitermachen magst. Das Wetter ist schön und du bewegst dich gerne in der frischen Luft, also sagst du ja und arbeitest noch zwei weitere Stunden. Dafür bekommst du sofort zwei weitere Verrechnungseinheiten auf dein Konto gutgeschrieben.
Nach der Arbeit gehst du erst einmal eine Runde schwimmen, und legst dich danach noch ein wenig in die Sonne. Dann schaust du dich ein wenig in der Stadt um, stöberst in Buchläden herum, findest ein Buch, das dich interessiert und kaufst es für zwei VE. Danach gehst du dir noch ein Eis kaufen (eine Zehntel VE) und schlenderst noch ein wenig herum. Danach triffst du ein paar Bekannte, mit denen du den neuesten Tratsch austauschst.
Langsam wird es Zeit zum Abendessen. Ein Blick auf deinen Kontostand sagt dir, dass du dir ruhig einmal etwas Besonderes leisten kannst. Du gehst zu deinem Lieblingsitaliener und bestellst dir einen Vorspeisenteller, danach etwas delikate Pasta und dann ein gegrilltes Fischfilet mit Safransauce. Nach dem Espresso bezahlst du drei weitere VE für alles.
Wieder Zuhause legst du dich kurz auf die Couch und dämmerst ein wenig weg. Später am Abend triffst du dich dann noch mit Freunden in einer Kneipe, aus der du in aller Regel frühestens um 12 Uhr nachts nach Hause kommst. In der Kneipe hast Du noch zwei VE liegenlassen, eineinhalb für Getränke und eine halbe für die Band, die dort gespielt hat.
Es könnte natürlich auch sein, dass du eine Berufsausbildung gemacht hast – Handwerker z.B. oder Ingenieur oder Lehrer, Techniker, IT-Spezialist usw. Dann wirst du wahrscheinlich einen längeren Arbeitstag haben – sechs oder womöglich sogar acht Stunden. Je nach Qualifikation erhältst du dann pro Stunde zwei, drei oder noch mehr VE gutgeschrieben. Das Maximum wären zwanzig VE pro Stunde.
Diese Arbeit könnte im Auftrag der Gemeinschaft sein, oder für einen anderen Arbeitgeber. In diesem Fall, und auch wenn du einem eigenen Gewerbe nachgehst, wärst du von den Gemeinschaftsarbeiten freigestellt und müsstest drei VE täglich an die Gemeinschaft bezahlen. Was kein Problem darstellen würde, wenn du zwanzig oder mehr VE am Tag verdienst.
Wie funktioniert das?
Verrechnungseinheiten werden von der Gemeinschaftsagentur emittiert. Die Agentur sorgt für Wohnung, Nahrung, Wasser, Energie, Abwasser und Kommunikation dadurch, dass die Teilnehmer*innen drei Stunden ihrer Arbeitskraft der Gemeinschaft zur Verfügung stellen. Diese drei Stunden werden auf jeden Fall mit je einer VE bezahlt.
VE ist eine Verfallswährung, die mit 10% p.m. linear verfällt – also pro Monat um ein Zehntel weniger wert und nach zehn Monaten verfallen ist. Alle Produkte des täglichen Bedarfs wie Nahrung, Genussmittel, Dienstleistungen, Handwerksarbeiten usw. können in VE bezahlt werden. Dies sorgt dafür, dass das Geld im Umlauf bleibt und großzügig ausgegeben wird. Gleichzeitig wird damit einer Inflation vorgebeugt, denn die Geldmenge kann nicht unendlich wachsen.
Dadurch entsteht auch ein Marktgeschehen, denn bessere Waren oder Dienstleistungen können einen höheren Preis kosten. Es entsteht also auch eine Art Konkurrenz und damit Wettbewerb, der Innovationen motiviert. Die Belohnung besteht in mehr VE pro Stunde, mit denen sich bessere Produkte kaufen lassen.
Diese Verrechnungseinheiten sind also eine Art Flussgeld oder Prozessgeld. Sie bilden den Stoffwechsel mit der Natur nach, den Prozess des Lebens, der aus der Umwelt aufnimmt, verarbeitet/verwandelt und in sie abgibt. Die wesentliche Maßeinheit ist Zeit, bzw. Stoffumsatz pro Zeiteinheit.