Schlimmer geht’s immer

Es gibt wenig Erfreuliches an Klimaneuigkeiten. Na ja, ein paar Biotope werden eingerichtet, Autos allmählich auf elektrisch umgestellt, Wind- und Sonnenstrom werden immer billiger und das Bewusstsein für die Klimaproblematik wächst so langsam …

Dennoch denke ich, dass man schon sehr optimistisch eingestellt sein muss, wenn man noch an das Erreichen des 1,5° C Ziels glauben mag. Wahrscheinlicher und plausibler erscheinen die Prognosen, dass sogar die 2° C mehr nicht mehr zu erreichen sind. Wie es dann weitergehen wird lässt sich kaum vorhersagen – ziemlich sicher erscheint, dass sich dann sehr viel verändern wird.

Woran das liegt? Bekanntlich wurde wider besseres Wissen mindestens dreißig Jahre zu spät damit begonnen, CO2 Emissionen zu verringern. Sogar heute noch, im Jahr 2020, steigen die Emissionen immer weiter an und mehr noch, gigantische Summen fließen weiterhin in die Erkundung und Infrastruktur von neuen Öl- und Gasvorkommen, und gewaltige Beträge an Steuergeldern subventionieren das immer noch weiter.

Derweil brennen die Wälder, taut das Eis, fliehen die Menschen vor der Hitze, fegen die Hurrikans übers Land, gehen Ernten zugrunde, trocknen Quellen aus, brechen Ökosysteme zusammen, sterben Tiere aus, entstehen neue Krankheiten und die Klimazonen verschieben sich bereits.

Und es ist kein Ende abzusehen. Die einzigen Nationen, die schnell CO2 neutral werden wollen sind zu unbedeutend, als dass sie das Ruder herumreißen könnten. Die großen Nationen nehmen für sich das Recht in Anspruch, erst in einigen zehn Jahren ihren Ausstoß zu verringern.

Die Gründe für diese Entwicklung erscheinen vielfältig, komplex, verwickelt, miteinander verbunden, zufällig, unübersichtlich, übermächtig, undurchschaubar, beliebig, unzugänglich und teilweise unbekannt. Alles hat irgendwie mit allem anderen zu tun, und das wird dann gerne „Das System“ genannt, das sich irgendwie ändern soll, bzw. muss.

Zum „System“ werden Elemente in beliebiger Mischung zusammengewürfelt – z.B.: Kapitalismus, Imperialismus, Kolonialismus, Korruption, Neoliberalismus, Totalitarismus, Industrialisierung, Lobbyismus, Egoismus, Globalisierung, Nationalismus, Digitalisierung …

Aber wer kann das, was „System“ genannt wird, überhaupt verstehen? Und falls es verstanden werden könnte, wer hätte dann die Macht es zu verändern?

Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie!

Ich halte nichts davon, die Augen vor diesem Szenario zu verschließen. Ich will keine tröstenden Parolen hören, keine Relativierungen, und mich auch nicht mit falschen Hoffnungen beruhigen lassen. Ich fühle mich verängstigt und verärgert, empört und erschrocken, wütend und traurig, betroffen und besorgt, ratlos und ohnmächtig, rastlos und gelähmt und finde das angesichts dieser Lage ziemlich angemessen.

Ich halte aber auch nichts davon, mich von diesem Befund niederschmettern zu lassen. Das Leben geht weiter, mein Leben geht weiter bis es zu Ende ist. Ich habe Handlungsmöglichkeiten, Vorstellungskraft, Fantasien und meine Willenskraft. Ich habe Menschen, die ich liebe, Menschen, die mich lieben, Familie, Freunde, Bekannte und ich bin immer noch neugierig auf das, was die Zukunft wohl so bringen mag.

Ich kann tanzen, mich an etwas erfreuen, die Natur genießen, Kunst bewundern, lachen, Witze machen, lernen, arbeiten, Feste feiern, Gutes tun, spielen, Lust empfinden, Unsinn treiben – ein Mensch sein.

Und das ist vielleicht mein Fünkchen Hoffnung, dass es genügend Menschen gibt, denen das Mensch-Sein für ein „Wir“ genügt. Dass diese Menschen sich auch finden können und gemeinsam das gestalten werden, was die Zukunft bringen wird.

Warum ausgerechnet Klopapier?

Das Bild stellt die Isolation dar

Es gibt ja schon einige Hypothesen über den aktuellen Klopapier-Hype. Z.B. Imitation: Ich sehe, dass jemand fünf Packungen kauft und denke, das mach ich auch. Oder: Klopapier als Symbol für Sauberkeit und Sterilität – eine Art Talisman gegen Infektionen. Ich denke, ein Blick auf die Funktion und die Geschichte von Klopapier kann hier zusätzlich lehrreich sein.

Die Funktion von Klopapier

Wir wischen uns nach getanem Geschäft den Hintern ab. Dabei nutzen nicht alle Kulturen die Faltmethode für das Papier, ebenso verbreitet ist die Knüllmethode – also eine Kugel aus dem Papier formen und so verwenden. Der Einsatz von Papier wurde notwendig, weil die Toiletten nicht die anatomisch korrekte, hockende Haltung zum Absetzen des Stuhlgangs ermöglicht. In dieser hinterlässt das Geschäft nämlich so gut wie keine Spuren am äußeren Schließmuskel. Wieder andere Kulturen kennen überhaupt kein Klopapier. Ein Eimer Wasser und die linke Hand genügen für die Reinlichkeit – eine Hand für mich und die andere für die Gemeinschaft.

Die psychosexuelle Komponente

Es geht um ein anal assoziiertes Thema. In der analen Phase (2. bis 4. Lebensjahr) soll ein Mensch hierzulande die Kontrolle über seine Ausscheidungen gewinnen. Wenn ihm/ihr das noch nicht so recht gelingt, wird er/sie gerne „Hoßenscheißer“ genannt. Das ist eine enorm beschämende Erfahrung. Ein Echo davon kann man bei vielen Gelegenheiten hören. Immer dann, wenn sich Menschen streiten, kommen Formeln wie: „Dreckarsch“, „dreckiger Scheißer“, „Scheißkerl“ oder „das geht mir am Arsch vorbei“ besonders gern zur Anwendung.

Aber zurück zum Kleinkind, das einer rigiden Sauberkeitserziehung unterworfen ist. Freud sah es so, dass das Kind seine Ausscheidung als sein eigenes Produkt identifiziert. Nach einer langen Zeit, in der es vor allem ums Aufnehmen (Oralität) ging, möchte das Kind nun etwas zurückgeben. Es ist Stolz auf sein Produkt, es gibt es mit Liebe, aber es wird mit einem „Bäh“ Kommentar und einem angeekelten Gesichtsausdruck zurückgewiesen.

Und dann soll es auch noch lernen, seine Gabe in ein Töpfchen zu machen. Es muss also rechtzeitig merken was die intensive Fülle Empfindung bedeutet, bevor es beginnt zu pressieren – und das gerade zu dem Zeitpunkt, wenn das Kind auch noch seine Autonomie entwickeln will.

Aus solchen Konstellationen können „Anale Charakterzüge“ entstehen. Diese sind bekannt als Faible für penible Kontrolle, bis hin zur Zwanghaftigkeit. Auch Sparsamkeit bis zum Geiz wird ihnen nachgesagt und es gibt eine große Angst davor, beschämt zu werden. Mit einer Bremsspur in der Unterhose erwischt zu werden, würde einen Worst Case für den Selbstwert bedeuten. Anale Charakterzüge treten eher gehorsam und unterwürfig auf, sie neigen zu passiver Aggressivität.

Eine kleine Geschichte des Ausscheidungsmanagements

Eine weitere Assoziation von Ausscheidungen ist die Territorialität. Tiere, bis hin zu wildlebenden Primaten, markieren ihre Territorium gerne mit einem Haufen. Dieser informiert potenzielle Eindringlinge darüber, dass ein Weitergehen gefährlich für sie werden könnte. Menschen, als domestizierte Primaten, haben diese tierische Eigenart sublimiert. Sie verwenden z.B. „Tintenexkremente“ um ihre Territorien auf Verträgen zu dokumentieren.

Entwicklungsgeschichtlich betrachtet, hat sich aus der „fäko-fugalen“ (Sloterdijk) Ausscheidungsstrategie der Jäger und Sammler Horden, die „latrino-zentrische“ Lebensweise in befestigten Dörfern entwickelt. Das Klo als Treffpunkt der Gemeinschaft am Morgen. Erst ab der Neuzeit bekam dann langsam jeder seine eigene Toilette. Also eine Art Übergang vom Fäko-Kommunitarismus zur Latrinen-Autokratie – einem jeden Bürger seinen eigenen Thron.

Dieser Thron ist heutzutage ja auch der Ort von Ruhe und Intimität schlechthin. Wo, wenn nicht auf dem Klo, hat man wirklich seine Ruhe von allen und allem anderen? Und die Gefahr, sich mit Corona anzustecken, ist dort äußerst gering.

Gleichnis

Ich habe neulich ein schönes Gleichnis gelesen. So sinngemäß: Der Kampf gegen den Klimawandel ist wie der Versuch, auf einem Erdrutsch nach oben zu klettern.
Wenn ich das mal weiterführe, dann sehe ich weiter oben einige Zeitgenossen, die immer noch mehr Steine lostreten – ganz im Wahn gefangen, dass sie auf sicherem Boden stünden.
Weiter unten werfen sich einige gegenseitig vor, auch Steinchen loszutreten.
Andere rutschen so vor sich hin und merken noch nicht einmal, dass sie rutschen. Und wenn sie es bemerken, dann wollen sie es nicht wahrhaben – sie hegen Hoffnungen, leugnen es, oder beginnen sich dafür zu engagieren, die Lawine aufzuhalten.
Und noch weiter unten, da kämpfen sie bereits um ihre Leben – oder sind schon verschüttet von dieser Zeit.

This Way of Life is a Highway to Hell

Skolstrejk för Klimatet – Fridays for Future – Extinction Rebellion

Sind die denn alle verrückt geworden? Was wollen die denn?
Die wollen, dass rechtzeitig genügend Mitmenschen aufwachen, um zu bemerken, dass das Klima sich ändert.
Es ändert sich sogar sehr schnell – so schnell, dass es sein könnte, dass in einigen Jahren der Planet ein ganz anderer sein wird. Die wollen, dass genügend Mitmenschen aufwachen und etwas dafür tun, damit es nicht ganz verheerend wird.

Blöderweise bestünde das konsequenteste Tun, um etwas zu verändern, darin, sich selbst zu verändern.

Ja aber was den ändern? Was ich tue spielt doch eh keine Rolle!?

Ja, aber es wird sich trotzdem etwas ändern und zwar sehr viel mehr als ohnehin schon. Es gibt kein Versteckspiel mehr – da kommt etwas auf uns zu bzw. wir bewegen uns genau auf diese Richtung hin.
Es wären auch andere Richtungen möglich. Richtungen die mehr Chancen auf einen zumindest kleinen Erfolg hätten.
Die Wahl besteht nunmehr nur noch darin, wie ein jeder mit einer gewiss kommenden Veränderung am liebsten umgehen würde?

Wie willst Du und wie wollen Sie, wie wollt Ihr – wie wollen Wir damit umgehen, dass da eine heftige Veränderung auf uns zukommt, bzw. wir uns genau auf diese Richtung hin bewegen?

Um mit der Veränderung umgehen zu können, müssen wir uns selbst ändern – also nicht wirklich wir Selbst. Es geht um das was man jeden Tag so macht, die Routinen, die Lebensumstände, um den Alltag – um: „The Way of Life“ – und in dem laufen wir unvermeidlich mit.
Für „Stop Climate Change“ ist es zu spät. Es ändert sich bereits und wir können es nicht aufhalten.
„Klima Schutz“ ist eine nette Formel, um nicht „Menschheitsschutz“ sagen zu müssen. Dem Klima ist die Menschheit egal.
Ich finde die Formel „Klima Katastrophe verhindern“ am treffendsten. Noch ein paar wenige Schritte weiter auf dem alten Weg könnten in einen Highway to Hell führen.